Start: Navarrete 24.05.2018
geplantes Ziel: Ciruena
tatsächliches Ziel: Ciruena
Distanz: 33 km
Höhenunterschied: 150 m
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Das Hotelzimmer hat schlaftechnisch irgendwie nichts gebracht, jede Stunde bin ich wach geworden. Aber ich habe es genossen,
den Raum für mich alleine zu haben. Alles in allem sollte es ein guter Tag werden. Bereits um 6 Uhr traf ich einen älteren
Franzosen vor dem Hotel, er war auf der Suche nach dem Camino. Ich hatte das gleiche Problem im Dämmerlicht.
Wir haben dann einen Einheimischen gefragt, der uns wild gestikulierend zu verstehen gab, dass wir uns bereits
auf dem Camino befinden. Wir gingen eine Weile zusammen, der Franzose (78) und ich. Ich erzählte ihm, wie verzweifelt
ich gestern nach einem Bett gesucht hatte. Darauf sagte er mir dann ganz stolz, er könne mir eine Telefonnummer aus
Ciruena geben, um ein Bett zu reservieren. Ich arroganter Depp habe ihm dann gesagt, dass ich bestimmt klarkommen werde.
Dieser Mann hat 30 Jahre mehr Lebenserfahrung als ich, läuft den Camino zum dritten Mal. Warum nehme ich seine Hilfe
nicht an? Da ich wesentlich schneller ging als er, setzte ich mich, um in meinen Laufrythmus zu kommen, von ihm ab.
Aber ich musste noch eine ganze Weile an ihn denken. Immerhin habe ich wenig später dann doch seinen Rat befolgt
und habe telefonisch ein Bett in einer Herberge reserviert. Der Tag verlief ansonsten richtig gut. Wechselnde Bewölkung,
kein Regen, nicht zu heiß, nichts tut weh.

Auf einmal tönt es von hinten: "Buen Camino, my friend!" Und der 78-Jährige zieht wie eine Dampflok schnaubend zügig an
mir vorbei. Ich versuche erst gar nicht, seine Geschwindigkeit mitzugehen, aber immerhin erwiedere ich seinen Gruß
überfreundlich, als wäre es so eine Art Entschuldigung.

Draußen tobt jetzt ein heftiges Gewitter, aber ich sitze trocken im Dreibettzimmer der Herberge, zusammen mit Chris aus
Australien und Lee aus China.
Chris, einer älteren, etwas zierlich wirkenden Dame, habe ich zunächst einmal gezeigt, wie sie ihren Rucksack richtig anlegt.
Sie hat uns erzählt, dass sie ihn nicht weiter als 5 km tragen kann und dass ihre Schultern schon ganz wund und blutig sind.
Als dann der Beckengurt richtig stramm war und die Last nicht mehr auf ihren Schultern sondern auf ihren Hüften abgefangen wurde,
meinte sie, dass sie ihn nun kaum noch spürte. Ich weiß nicht, wie oft sie sich bei Lee und mir bedankt hat.

Lee erzählte uns, dass sein Rucksack beim Start in St. Jean Pied de Port ca. 24 kg wog. Eigentlich geht man von maximal 10% des eigenen
Körpergewichtes aus. Bei Lee also maximal 8 bis 9 kg. Aber er hatte alles eingepackt, was ihm in den Sinn kam um auf alle
möglichen Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Er hat auch recht schnell vor dem Gewicht seinen Rucksacks kapituliert und beim Aufstieg auf den Pass nach und nach seine brandneue
Ausrüstung entladen und am Wegesrand platziert. Am Gipfel angekommen schätzte er sein Rucksackgewicht auf immer noch
zu schwere 12 kg.

Der Hospitalero war schon ein wenig "schräg". Er sprach nur spanisch, die Einweisung ins Haus verlief weitestgehend stumm.
Allein seine internationale Bezeichnung für die sanitären Einrichtungen kamen flüssig: "Pipi-Papa-Pupu"
Im Dachstuhl seines Hauses hatte er eine improvisierte Kapelle installiert. (siehe Fotos)
Zum Essen gab es einen riesigen Kessel deftigen Linseneintopf, selbst gebackenes Brot, drei große Karaffen Rotwein und Joghurt
mit pürierten Feigen, vorher ein Tischgebet, ich konnte allerdings nur beim "Amen" mithalten. Statt eines Tellers hatten wir alle eine kleine
Steinschüssel vor uns stehen.

Kurz hinter Navarrete Kurz vor Ventosa Auf dem Weg nach Najera Pilgerkunst, statisch bedenklich Auf dem Weg nach Najera Hoffentlich bleibts trocken
Auf dem Weg nach Najera Schutzhütte Licht und Schatten Poesie auf dem Camino Najera Najera
Auf dem Weg nach Azofra Auf dem Weg nach Azofra Auf dem Weg nach Ciruena Herberge Virgen de Guadelupe Ciruena Aufziehende Gewitter in Ciruena
"Kapelle" Virgen de Guadelupe Ciruena "Abendmahl" Virgen de Guadelupe Stempel Virgen de Guadelupe